WARUM SEXUALITÄT SO KOMPLEX IST

KÖRPER UND PSYCHE ALS EINHEIT
In den letzten knapp 200 Jahren, wurden die Grundlagen der Medizin und der Psychologie weitgehend so definiert wie sie teilweise selbst heute noch unterrichtet werden. Dies hat zur folge, dass Bereiche in diesen Gebieten so lange Gültigkeit haben, bis sie widerlegt werden.
Ähnlich hat sich dies auch mit der Teilung von Psyche und Körper verhalten. Über Jahrhunderte wurde die Meinung vertreten, dass Krankheiten des Körpers nichts mit der Psyche zu tun haben und umgekehrt. So entwickelten sich zwei wissenschaftliche Bereiche, die Medizin und die Psychologie, welche sich um die jeweiligen Themen von Körper und Geist gesondert kümmern sollten.
Die Menschheit ist zumindest in diesem Bereich ein wenig klüger geworden. Heute wissen wir, dass Körper und Geist nicht von einander trennbar sind sondern sich als Einheit gegenseitig beeinflussen. Diese Erkenntnis hat sowohl die Medizin als auch die Psychologie um einige positive Schritte vorwärts gebracht. Schade nur, dass dieses Wissen eigentlich nicht wirklich etwas neues ist, sondern eher von den entsprechenden Lagern, aus verschiedenen Gründen ignoriert wurde.
Schon in der Antike war der Spruch „Gesunder Geist in einem gesunden Körper.“ eine Grundlage für die Gesundheit des Menschen als Ganzes. Geht es dem Körper gut, freut sich der Geist und umgekehrt.
Mittlerweile kennen wir auch den Ausdruck der Psychosomatik, mit dem wir Auswirkungen auf unsere Gesundheit durch den Einfluss der Psyche meinen. Dies kann sowohl im positiven als auch im negativen Sinn geschehen.
In der Sexualberatung haben wir neben der Einheit von Körper und Geist auch weitere Komponenten die wir in der Form eines Models einsetzen, um an den Themen der Sexualität arbeiten zu können. Die fünf verschiedenen Komponenten werden im unteren Bereich aufgezeigt.

Dieser Bereich kümmert sich um alle Themen die mit unserem Denken zu tun haben. Dies kann unsere Erziehung sein, Religion, Ethische Normen, Fantasien, unser Wissen oder Unwissen zu Themen der Sexualität etc.
Hier geht es um das Thema Beziehung mit all seinen Facetten. Wie kommunizieren wir mit unserem Partner? Welches sind unsere Verführungsstrategien? Wie beeinflussen uns Themen der Beziehung in unserer Sexualität?
Unsere emotionale Welt hat verschiedene Wechselwirkungen auf unsere Sexualität. Dies kann sich sowohl in positiver als auch negativer Form zeigen.
Wie nehmen wir unser Genital im allgemeinen, aber auch in unserer Sexualität war? Wie vertraut und verbunden sind wir mit unseren Genitalien? Wie stimulieren wir uns? Was empfinden wir als angenehm, was als störend?
Wie stark sind wir mit unserem Körper verbunden? Wie setzen wir ihn im Alltag und in unserer Sexualität ein? Habe wir eine gute Körperwahrnehmung? Fühlen wir uns wohl mit Körperlichkeit?

In diesem Diagramm sehen wir, wie die verschiedenen Komponenten unseres Models miteinander interagieren. Probleme in einem Bereich, können somit alle anderen Bereiche beeinflussen. Das Model ist somit ein gutes Werkzeug um an Problemen der Sexualität zu arbeiten.
Wie das System-Model funktioniert
Wir arbeiten also in der Sexualberatung mit sogenannten System Modellen, um die komplexen Beziehungen und Wechselwirkungen in der Sexualität zu erklären.
Sehen wir uns doch mal genauer an, wie unser Model in der Praxis funktioniert.


Hier sehen wir Tom. Er wünscht sich schon lange Sex im Freien (Bereich A, sexuelle Fantasien). Diese Fantasie regt ihn sexuell an (Bereich D). Etwas verbotenes zu tun hat sowohl emotionale Auswirkungen (Bereich C) als auch körperliche Reaktionen wie zBsp. Herzklopfen (Bereich E).


Ariana ist die Frau von Tom. Sie weiss von seiner Fantasie und ist in einem Zwiespalt. Sie will ihm den Wunsch erfüllen um die gemeinsame Sexualität zu stärken (Bereich B), hat aber moralische Bedenken (Bereich A) die wiederum Auswirkungen auf ihre Emotionen (Bereich C) und ihre sexuelle Empfindungen (Bereich D) haben.


Diese beiden Systeme, in Bezug auf das Thema Sex in der Natur, treffen also aufeinander. In der Sexualberatung ist es nun wichtig, dass sowohl Tom und Ariana ihre Systeme verstehen, als auch einen gemeinsamen Lösung zu Toms Fantasie zu finden.
Fazit
Das System-Model hilft uns, ein Verständnis für die Art und Weise wie wir in bestimmten Bereichen funktionieren zu bekommen. Es kann als Werkzeug der Selbstevaluation oder als Orientierungshilfe in einer Sexualberatung eingesetzt werden.
Selbst-Evaluation
- Kann ich die einzelnen Bereiche des Systems A-E gut wahrnehmen und ansteuern?
- Mit welchem der Bereiche habe ich Schwierigkeiten?
- Kann ich anhand des System-Models differenzieren wo der Kern eines Problems liegt, oder was für eine Rolle die verschiedenen Ebenen bei diesem Problem spielen?
- Kann ich meiner Partnerin oder meinem Partner das System-Model erklären und es allenfalls gemeinsam nutzen?